Verena Bentele
Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen
Grußwort zur Verleihung des InTakt-Förderpreises 2014 der miriam-Stiftung
(am 29. November 2014)
Sehr geehrte Damen und Herren,
wer wie ich als Kind das Glück hatte, ein Musikinstrument zu erlernen, der weiß die Möglichkeiten der Musikvermittlung zu schätzen. Gerade für Menschen mit Behinderung ist der Zugang zu einem qualitativ hochwertigen Musizieren jedoch oft mit Hürden verbunden. Gleichberechtigt in einer inklusiven Gemeinschaft zu musizieren und Musik zu erleben, lautet das erklärte Ziel der Inklusion. Dazu bedarf es engagierter Einzelpersonen und Initiativen. Wir werden heute Abend Künstlerpersönlichkeiten ehren, die beispielhaft zeigen, wie eine gleichberechtigte Teilhabe an der Welt der Musik gelingen kann.
Der Förderpreis InTakt der miriam-stiftung wird bereits seit 11 Jahren einmal jährlich verliehen. Die Preisverleihung wird dabei zu einem anspruchsvollen und besonderen Kulturereignis. In jedem Jahr werden aufs Neue die große Vielfalt und die Qualität inklusiver Musikprojekte in der Bundesrepublik sichtbar. Der Förderpreis ist dabei in mehrfacher Hinsicht ein einmaliger Preis. Er würdigt sowohl künstlerisch-pädagogische Ideen als auch das persönliche Engagement in Sachen Musik und Inklusion. Insbesondere die Aufteilung in einen Einzel- und in einen Gruppenpreis lässt die vielfältigen Möglichkeiten und Entwicklungen des Kulturlebens und der Kulturvermittlung deutlich werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, wer hätte vor 10 Jahren daran gedacht, dass in einem anspruchsvollen a cappella - Ensemble zwei Sängerinnen im Rollstuhl mitwirken? Das Ensemble Thonkunst aus Leipzig zeigt, wie das geht und wie das klingt. 10 Sängerinnen und Sänger, eingebunden in die Diakonische Leipziger gGmbh in Thonberg, einem Leipziger Stadtteil, haben sich der mehrstimmigen Vokalmusik aller Jahrhunderte verschrieben. Sie proben professionell, mehrmals wöchentlich und intensiv: am Montag die Männerstimmen, am Dienstag die Frauenstimmen, am Mittwoch gemeinsam. Die Auftritte machen die Verschiedenheit der Sängerinnen und Sänger selbstverständlich: Das Publikum sieht die Verschiedenheit während des perfekten Hörerlebnisses. Die Antwort auf die Frage, was sich das Ensemble für die Zukunft wünscht, lautet: Mehr Bekanntheit. Möge der Förderpreis dazu beitragen, dieses Ensemble einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Die Einzelpreisträgerin Christiane Joost-Plate ist manchmal eine Einzelkämpferin, meist aber arbeitet auch sie im unmittelbaren sowie im übertragenen Sinn für Ensembles. Als Mutter einer Tochter mit Downsyndrom und als Musikerin lebt sie ein intensives und aktives persönliches sowie musikalisches Leben. Sie hat um inklusive Situationen für ihre Tochter gekämpft und solche inklusiven Situationen selbst geschaffen. Sie ist Musikschullehrerin und Niedersächsische Fachsprecherin für die musikalische Arbeit mit Menschen mit Behinderung im Kontext der Musikschule. Außerdem hat sie den Verein down-syndrom hannover e.V. und das Hannoveraner Soundfestival HIS mit gegründet. Den Förderpreis 2014 erhält sie für die Idee und den Film zum Projekt "Souvenir". Der Film dokumentiert in ebenso selbstverständlicher wie künstlerischer Weise drei Bereiche: Die Liebe zur Musik, die Lust am Tanzen und das Streben nach Inklusion. Inklusion ist ein gesellschaftlicher Auftrag, der an uns alle ergeht. Viele Diskussionen müssen noch geführt und viele Prozesse müssen noch angestoßen werden, aber ermutigende Schritte sind bereits getan. Der Musik wird stets die Fähigkeit zugeschrieben, Grenzen und Sprachbarrieren mühelos zu überwinden. Ich bin davon überzeugt, dass die Musik auch die Barrieren überwinden kann und muss, die viele Menschen immer noch von einer gleichberechtigten Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben hindern.
Ich wünsche den diesjährigen Preisträgern, der miriam-stiftung und dem Förderpreis InTakt weiterhin viel Erfolg und danke allen für die bislang geleisteten Beiträge zur Entwicklung einer inklusiven Gesellschaft.
Verena Bentele
Verantwortlich:
TU Dortmund: Univ.-Prof. Dr. Irmgard Merkt, Fakultät Rehabilitationswissenschaften , Emil-Figge-Str. 50, 44227 Dortmund, Tel. 0231 7554583, irmgard.merkt@tu-dortmund.de
miriam-stiftung: Christa + Wilhelm Sonnemann, Driverweg 9, 44225 Dortmund, Tel. 0231 719158 / 0173 2520920, info@miriam-stiftung.de