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Gedanken für den Tag

Gedanken für den 18.11.2021

Flucht oder Zuflucht

Unser ganzes Leben ist eine Flucht, eine Flucht vor Gott, vor einander, vor uns selbst, vor der Wahrheit, vor dem Leid, vor dem Tod, vor der Verantwortung.
Adam verbarg sich mit Eva nach ihrer Sünde vor Gott. Und Gott suchte ihn und fragte: Adam, wo bist du? Kain erschlug seinen Bruder und musste unstet und flüchtig sein. Er lebte hinfort jenseits von Eden im Lande Nod, das heißt übersetzt: Flucht, Ruhelosigkeit, Heimatlosigkeit, Unstetigkeit. Jakob hatte seinen Vater belogen und seinen Bruder betrogen. Er ging auf die Flucht. Mose hatte einen Volksgenossen ermordet und ging auf die Flucht. Elia wurde von der Königin Isebel bedroht und machte sich auf die Flucht. David wurde von Saul fast umgebracht und ging auf die Flucht. Jesus, kaum geboren, befand sich mit seinen Eltern auf der Flucht vor Herodes. Ja, so ist unser Leben: unstet und flüchtig auf Erden, ruhelos, heimatlos.
Aber unser Leben kann auch eine Zuflucht und Heimkehr, ein Nach-Hause- und Zur-Ruhe-Kommen sein. Gott kleidete Adam und Eva liebevoll ein und schützte sie damit. Er machte an Kain ein Zeichen, damit niemand ihn antasten durfte. Er schenkte Jakob seinen Segen und die Versöhnung mit seinem Bruder. Er berief den flüchtenden Mose zum Retter seines Volkes und den flüchtenden David zum König Israels. Und Jesus wurde nach Flucht und Heimatlosigkeit auf Erden durch Auferstehung und Himmelfahrt nach Hause und in die ewige Ruhe gebracht.
Das Kreuz Jesu ist das stärkste Symbol für beides: es ist der Ort der bittersten Verlassenheit, von Gott und Mensch und allen guten Geistern verlassen, und zugleich der Ort der wunderbarsten Zuflucht für uns unstete und umherirrende Menschen. Wer sich unter das Kreuz Jesu flüchtet, findet wirklich Zuflucht, hier im Glauben und in Ewigkeit im Bleiben.

Herr, du bist unsere Zuflucht für und für.
Psalm 90,1




Axel Kühner "Zuversicht für jeden Tag"
© 2002 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 7. Auflage
2017
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages