Gedanken für den 12.12.2024
Die Wüste weint
Eine alte Geschichte aus Nordafrika erzählt von einem Beduinen, der sich immer wieder der Länge nach auf den Boden legt und sein Ohr in den Wüstensand drückt. Stundenlang horcht er in die Erde hinein. Verwundert fragt ihn ein Missionar: "Was machst du da eigentlich auf der Erde?" Der Beduine erhebt sich und antwortet: "Freund, ich horche, wie die Wüste weint, sie möchte so gerne ein Garten sein!"
Die Wüste der Welt weint, sie möchte so gerne ein Garten des Lebens sein. Die Wüste des Krieges weint, sie möchte so gerne ein Garten des Friedens sein. Die Wüste des Hungers weint, sie möchte so gerne ein Garten voller Nahrung sein. Die Wüste der Armut weint, sie möchte so gerne ein Garten sein, in dem alle Menschen ihr Auskommen haben. Die Wüste der Einsamkeit weint, sie möchte so gerne ein Garten der Begegnung sein. Die Wüste aus Beton weint, sie möchte so gerne ein Garten voller Blumen sein. Die Wüste aus Verzweiflung weint, sie möchte so gerne ein Garten der Hoffnung sein. Die Wüste der Schuld weint, sie möchte so gerne ein Garten der Vergebung sein. Die Wüste des Sterbens weint, sie möchte so gerne ein Garten des neuen Lebens sein.
Eine ganze Schöpfung weint und ängstet sich, sehnt sich und hofft auf Erlösung und Befreiung. Und das ist die Botschaft des Advent, dass Gott in seiner Herrlichkeit die Wüste dieser Welt in einen blühenden Garten verwandeln wird. Er kommt. Und mit seinem Kommen beginnt eine Verwandlung. Erst ganz klein und leise, verborgen und andeutungsweise. Aber dann einmal mit Macht und Herrlichkeit.
"Die Wüste und Einöde wird frohlocken, und die Steppe wird jubeln und wird blühen wie die Lilien. Sie wird blühen und jubeln in aller Lust und Freude. Denn es werden Wasser in der Wüste hervorbrechen und Ströme im dürren Lande. Die Erlösten des Herrn werden wiederkommen, ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen!"
(aus Jesaja 35)
Axel Kühner "Überlebensgeschichten für jeden Tag"
© & 1991 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 21. Auflage
2018
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de