Gedanken für den 15.10.2024

Liebe öffnet die Tür zum Leben

Ein Mädchen verirrt sich im Wald. Es wird dunkel und unheimlich. Furcht steigt in dem Mädchen auf. Verzweifelt sucht es den Weg nach Hause. Da kommt es an eine kleine Hütte. Aus einem Fenster leuchtet ein warmes Licht. Sie läuft auf das Häuschen zu und klopft leise an die Tür. Eine Stimme antwortet von drinnen: "Wer ist da?" Das Mädchen antwortet: "Ich!" Da wird ein großes Schweigen. Auch die Blätter des Waldes halten inne mit ihrem Rauschen. Nur von innen ist ein leises Weinen zu hören. Das Mädchen kauert sich vor die Tür. Sie sinnt nach über das Wort, das sie sagte und das zum Schweigen und Weinen führte: Ich. Ganz langsam wächst in ihr die Erkenntnis, dass sich der Mensch verwandeln kann, wenn er in das Haus der Geborgenheit und Liebe, Wärme und Freude Einlass finden will. Am Morgen geht sie noch mal an die Tür und klopft. Wieder fragt von innen eine Stimme: "Wer ist da?" Nun antwortet sie: "Du!" Da öffnet sich die Tür, und das Mädchen darf eintreten in die warme, helle Stube voller Licht und Leben.

(Nach einer arabischen Legende)

Solange wir Menschen immer nur "Ich" sagen, bleiben die Türen verschlossen, wir stehen in der Nacht und Kälte, und unsere Sehnsucht nach Wärme und Liebe, Geborgenheit und Freude bleibt unerfüllt. Wenn wir dann das "Du" sagen, öffnen sich die Türen in ganz neue, wunderbare Räume. Es wird warm und hell, lebendig und fröhlich, geschützt und bewahrt. Die Liebe Jesu möchte uns verwandeln von einem Ich-Menschen in einen Du-Menschen, von einem Egoisten in einen Liebenden. Und dann werden sich die Türen öffnen und die Wege ebnen und die Räume erschließen.

"Über alles aber ziehet an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit!"

(Kolosser 3,14)



Axel Kühner "Überlebensgeschichten für jeden Tag"
© & 1991 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 21. Auflage
2018
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de