Gedanken für den 10.05.2024
Die bessere Heiligkeit
Der ägyptische Eremit Makarius soll Gott einmal gefragt haben, welchen Grad der Heiligkeit er nach mehreren Jahren des Fastens und Betens in der Einsamkeit erlangt habe. Im Traum erschien ihm ein Engel und antwortete, sein Grad an Heiligkeit sei noch lange nicht so hoch wie der, den zwei Frauen in der nächsten Stadt erreicht hätten. Er solle sie aufsuchen und von ihnen die bessere Heiligkeit lernen. So ging Makarius in die Stadt und fand die beiden Frauen. Es waren ganz gewöhnliche Hausfrauen. "Worin besteht das Geheimnis eurer Heiligkeit?" wollte er von ihnen wissen. Seine Frage erstaunte sie. Ihre Beschäftigung bestand darin, gut für ihre Ehemänner und die Kinder zu sorgen. Zum Beten hatten sie nicht so viel Zeit wie Makarius, und die Bibel konnten sie nicht lesen, weil sie Analphabeten waren. Sie nannten sich "arme Frauen mit vielen Sorgen!"
Makarius fand heraus, dass sie mit zwei Brüdern verheiratet waren. Sie lebten gemeinsam unter einem Dach, stritten aber niemals miteinander, und kein einziges hartes Wort trübte ihre Beziehung. Von ihnen lernte Makarius, dass ein Zusammenleben in Liebe, in dem man die Spannungen mit dem Geist der Versöhnung austrägt, ohne verletzende Worte und neidische Blicke, in den Augen Gottes kostbarer sein kann als vieles Fasten und Beten.
Gott spricht: "Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer!"
(Hosea 6,6)
Axel Kühner "Überlebensgeschichten für jeden Tag"
© & 1991 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 21. Auflage
2018
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de