Gedanken für den 09.05.2024

Wer liebt, hat Zeit

Atemlos hetzen wir durch das Leben. Wie in einem Netz sind wir in Eile und Zeitnot gefangen. Das Treiben der modernen Welt wird immer fieberhafter und die Menschen immer gehetzter. Wir haben Angst, etwas zu verpassen, und jagen den Gelegenheiten hinterher. Die Gier nach Mehr und immer Neuem lässt uns nicht zur Ruhe kommen. Wie ein Fluch ist diese Eile, und ganz tief sinkt die Seele dabei. Und mit den Menschen rotieren die Begriffe und Bilder, verflacht die Sprache, verlieren sich die Maße und Normen des Lebens.

Das Verrückte an der Hast und Hetze ist, dass wir dabei stillsitzen. Entweder sitzen wir in Fahrzeugen und rasen an ruhigen Bildern vorbei, oder wir sitzen in bequemen Sesseln und lassen die Bilder an unseren Augen vorüberzucken.

Während der Mensch sitzt und immer dicker und träger wird, rast und rennt es an seinen Augen und an seiner Seele vorbei.

Der hektischen Raserei des Bösen können wir nur die Gelassenheit und Intensität der Liebe entgegensetzen. Wer liebt, hat Zeit! Zeit haben ist keine Frage der Uhren und der Berufe, der Kalender oder Aufgaben. Zeit haben ist eine Frage der Liebe und der Geborgenheit. Wer von der Liebe zu Gott, zu einem Menschen, zu einer Aufgabe, zu einer lohnenden Zukunft gepackt ist, hat viel Zeit dafür.

Wenn Zeitnot und Hektik, Angst und Gier, Sorgen und Rasen wie ein Netz über uns ist, in dem wir gefangen sind, dann ist die Liebe Gottes zu uns wie ein Netz unter uns, das uns auffängt, wenn wir uns fallen lassen. Gottes Liebe fängt uns auf. Die Lebensangst und Lebensgier fangen uns ein, und je mehr wir strampeln, desto gefangener werden wir sein. Die Liebe Gottes fängt uns auf. Und je mehr wir uns fallen lassen, desto mehr werden wir die Sicherheit und Festigkeit der Liebe erfahren.

"Du wollest mich aus dem Netze ziehen, denn du bist meine Stärke. Ich aber Herr hoffe auf dich und spreche: Du bist mein Gott! Meine Zeit steht in deinen Händen!"

(Psalm 31,5.15f)



Axel Kühner "Überlebensgeschichten für jeden Tag"
© & 1991 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 21. Auflage
2018
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de