Gedanken für den 27.11.2023
Süßer Vogel Jugend
In seinem Stück "Süßer Vogel Jugend" lässt Tennessee Williams einen Vater zu seinem Sohn sagen: "Erinnerst du dich noch an die Brosche, die ich damals für deine Mama gekauft habe? Das Letzte, was ich deiner Mama gegeben habe, bevor sie starb. Ich wusste, dass sie sterben würde, als ich ihr die Brosche kaufte, und ich hab die Brosche, die mich fünfzehn Tausend gekostet hat, vor allem deshalb gekauft, weil sie glauben sollte, sie würde wieder gesund. Um Himmels willen, Boss, hat sie gesagt, was soll eine sterbende Frau mit so einem Diamanten anfangen? Ich hab zu ihr gesagt, Liebling, sieh dir den Preis an, der auf dem kleinen Zettelchen steht. Siehst du die fünfstellige Zahl? Überleg dir mal, Liebling, hab ich zu ihr gesagt, wenn du wirklich sterben würdest, würde ich dann die fünfzehn Mille in eine Diamantbrosche investieren, um sie einer Toten aufs Hemd zu stecken? Da hat die alte Dame gelacht. Und in der Nacht, da sie starb, fing sie innen an zu bluten und starb noch vor Mitternacht, mit der Diamantbrosche auf dem Nachthemd. Und noch bis zur letzten Minute hat sie geglaubt, die Diamanten wären ein Beweis dafür, dass sie nun nicht sterben würde."
Die Jugend ist der süße Vogel, die Gesundheit der heimliche Gott, Vitalität das Maß aller Dinge, Krankheit ist eine Katastrophe, Alter ein Makel, und der Tod ist unmöglich. Wie tief krank müssen Menschen sein, die eine Gesundheit anbeten? Und wie erstorben ist eine Gesellschaft, die den Tod verdrängt?
Herr, lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss. Siehe, meine Tage sind eine Handbreit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir. Nun, Herr, wessen soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich!
Psalm 39,5f.8
Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"
© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage
2016
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de