Gedanken für den 10.10.2023
Glückliche Tage
In einem so benannten Stück schildert Samuel Beckett eindrücklich die Nichtigkeit und Sinnlosigkeit des Lebens. Die Wirklichkeit ist abgeräumt, die Welt ist reduziert auf ein Stückchen versengte Wüste. Dort verbringt Winnie, in den Wüstensand eingegraben, ihre eintönigen Tage. Sie redet unentwegt vor sich hin, unwesentliches und unnötiges Geschwätz.
Ihr Mann Willie, der hinter einem Hügel ebenfalls im Wüstensand eingegraben ist, und ein Sack voller armseliger Dinge sind ihre Tröstungen, die kleinen Tröstungen, die ihr in der Wüste des Lebens bleiben.
"Früher dachte ich, dass ich lernen würde, allein zu sprechen, zu mir selbst, die Wüste ... Aber nein, nein, nein! Ergo bist du da. Zweifellos bist du tot, gestorben oder weggegangen, hast mich verlassen, wie die anderen. Macht nichts, du bist da. Auch der Sack ist da. Könnte ich seinen Inhalt aufzählen? Nein. In den Tiefen vor allem, wer weiß, was für Schätze. Was für Tröstungen. Ja, es gibt den Sack!"
So versichert sich Winnie jeden Abend, es sei ein glücklicher Tag gewesen: "Oh, dies ist ein glücklicher Tag, dies wird wieder ein glücklicher Tag gewesen sein! Trotz allem!"
Während des Stückes wird Winnie immer mehr im Wüstensand verschwinden. Und zum Schluss sieht man nur noch ihren Kopf. Bald wird sie begraben sein. Aber solange sie lebt, wird ihr Geschwätz, ihr banales, groteskes und folterndes Reden von den glücklichen Tagen weitergehen.
Glückliche Tage in einer versengten Wüste und in tödlicher Isolation. Der Mensch versinkt ohne Sinn und Wert im Nichts wie im Sand und nennt es "Glückliche Tage" und die paar Habseligkeiten "Was für Tröstungen"! Worin liegt für uns das Glück unserer Tage und die Tröstung des Lebens?
Gesegnet aber ist der Mann, der sich auf den Herrn verlässt und dessen Zuversicht der Herr ist. Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hin streckt. Denn obgleich die Hitze kommt, fürchtet er sich doch nicht, sondern seine Blätter bleiben grün; und er sorgt sich nicht, wenn ein dürres Jahr kommt, sondern bringt ohne Aufhören Früchte.
Jeremia 17,7f
Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"
© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage
2016
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de