Gedanken für den 12.03.2023

Wie viel Land braucht der Mensch?

Leo Tolstoi erzählt die Geschichte von einem Bauern. Er ist arm und hat kaum das Nötigste zum Leben. Da erlaubt ihm eines Tages ein reicher Grundbesitzer, so viel Land zu erhalten, wie er in der Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu Fuß umschreiten kann. Aber er muss, bevor die Sonne untergeht, wieder an dem Punkt angekommen sein, an dem er morgens losgegangen ist.
Der arme Bauer ist überglücklich, geht frohen Mutes los, ohne Hast mit ruhigem Schritt. Doch dann gewinnt die Verlockung, möglichst viel von dem Land zu umrunden. Sein Schritt wird schneller, sein Blick gieriger. Er geht einen noch größeren Kreis ab, um mehr Land zu bekommen. Dort noch einen Teich, dahinter noch eine besondere Wiese und da noch ein schattiges Wäldchen. Er rennt schneller, Angstschweiß bedeckt seine Stirn. Mit allerletzter Kraft erreicht er beim Untergang der Sonne den Ausgangspunkt. Ein riesiges Stück Land gehört nun ihm. Doch da bricht er vor Erschöpfung zusammen und stirbt. Sein Herz war der Anstrengung und der Gier nach immer mehr nicht gewachsen. Nun braucht er nur das winzig kleine Stückchen Land für sein Grab. So wenig Land braucht der Mensch!

Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.
Lukas 12,20f




Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"
© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage
2016
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de