Gedanken für den 13.02.2023

Selbstsucht oder Selbstliebe

"Was die anderen, was die Umwelt betraf, so machte er beständig die heldenhaftesten und ernstesten Versuche, sie zu lieben, ihnen gerecht zu werden, ihnen nicht weh zu tun, denn das ‚Liebe deinen Nächsten’ war ihm so tief eingebleut wie das Hassen seiner selbst. Und so war sein ganzes Leben ein Beispiel dafür, dass ohne Liebe zu sich selbst auch die Nächstenliebe unmöglich ist, dass der Selbsthass genau dasselbe ist und am Ende genau dieselbe grausige Isoliertheit und Verzweiflung erzeugt wie der grelle Egoismus!" (Hermann Hesse)
Nur wenn ich mein Selbst angenommen habe, kann ich es lassen, kann ich selbstlos werden. Habe ich mein Selbst aber nicht gefunden, bin ich nicht zu mir selbst, zu meiner Identität gelangt, dann muss ich mich immer suchen und werde also selbst-süchtig.
Jesus wusste, wer er war, er war einverstanden und identisch mit sich. Er hatte sich selbst angenommen und konnte sich darum auch loslassen und verschenken. So wurde Jesus der Selbstlose schlechthin. Er konnte sich, seine Würde, sein Gleichsein mit Gott loslassen und andere wirklich lieben. Der Gehorsam der Selbstlosigkeit setzt den Gehorsam der Selbstannahme voraus.

Jesus Christus hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum am Kreuz.
Philipper 2,6ff




Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"
© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage
2016
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de