Gedanken für den 08.09.2022

Gerichtet!

Es waren einmal zehn Bauern, die gingen miteinander über das Feld. Sie wurden von einem schweren Gewitter überrascht und flüchteten sich in einen halb zerfallenen Tempel. Das Gewitter kam immer näher, und es war ein Donner, dass die Luft um sie her zitterte. Kreisend fuhren die Blitze fortwährend um den Tempel herum. Die Bauern fürchteten sich sehr. Und in ihrer Angst dachten sie, es müsse wohl ein Sünder unter ihnen sein, den der Blitz treffen wolle. Um herauszufinden, wer von ihnen es sei, machten sie aus, ihre Hüte vor die Tür zu hängen. Wessen Hut weggeweht werde, der sollte sich dem Gericht stellen. Kaum waren die Hüte draußen, wurde auch einer weggeweht. Ohne Erbarmen stießen die anderen den Unglücklichen vor die Tür. Als der Mann den Tempel verlassen hatte, da hörte der Blitz auf zu kreisen und schlug krachend in den Tempel ein. Der eine, den sie verstoßen hatten, war der einzige Gerechte gewesen, um dessentwillen der Blitz den Tempel bisher verschont hatte. So mussten die Neun ihre Hartherzigkeit mit dem Leben bezahlen. (Chinesisches Märchen)

Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden.
Matthäus 7,1f




Axel Kühner "Eine gute Minute, 365 Impulse zum Leben"

© 1994 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 11. Auflage

2015

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages

Quelle: www.miriam-stiftung.de