Gedanken für den 31.07.2022

Das hat noch gefehlt

Die Geschichte fängt so gut an. Ein Mensch hat viele Güter. Er ist reich und erfolgreich. Er hat viel geleistet und kann sich viel leisten. Er hat Einkommen und Auskommen, Wohlstand und Reichtum.
Und er hat noch mehr. Mit den äußeren Gütern sind die inneren Werte mitgewachsen. Er ist ein Mensch ohne Lug und Trug, ohne Falsch und Neid, ohne List und Gewalt. Er hat nicht nur Wohlstand, sondern auch Anstand. Seine Ehe und Familie sind in bester Ordnung. Gottes Gebote hat er mit ganzem Ernst und aller Kraft gehalten.
Und er hat noch mehr. Er hat die wichtigste und beste Frage nach dem bleibenden, ewigen, göttlichen Leben. Er hat so viel und doch den Mut, einzugestehen, dass ihm das Beste noch fehlt. Er läuft auf die Straße und wirft sich auf die Erde. Der reiche und angesehene Mann macht sich zum Bettler: "Was soll ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe?" Er hat den Mut und die Demut des Bittens und Fragens. Er hat sich die Sehnsucht nach der tiefsten Erfüllung und Vollendung des Lebens bei Gott erhalten.
Und er hat noch mehr. Er hat für seine Suche und Frage die richtige Adresse. Er kommt zu Jesus und wendet sich an den Einen, der für Gott und Leben, Heil und Ewigkeit die beste Adresse ist.
Und er hat noch mehr. Ihm gehört die volle Liebe Jesu. Jesus sieht den aufrichtigen Menschen mit der ganzen Liebe seines Herzens an. Mit großer Freude nimmt Jesus wahr, was dieser Mensch hat: seine äußeren Güter und inneren Werte, seine Sehnsucht und Frage, sein Kommen und Bitten, sein Beugen und Erwarten. Und darum öffnet ihm Jesus liebevoll und behutsam, aber auch deutlich und unmissverständlich die Tür zum ganzen, gültigen, bleibenden, ewigen Leben: "Der letzte und beste Schatz fehlt dir noch. Mach deine Hände und den Kopf frei und komm und folge mir nach!" Leben ist der Lebensanschluss an den lebendigen Jesus. Der eigentliche Reichtum, den Jesus dem Menschen zu gern geben würde, ist die innige Liebe zu Gott, zu den Armen, zu dem Lebendigen. Die Güte Gottes ist mehr als die Güter der Menschen.
Und dann endet die Geschichte so traurig. Der Mensch verliert den Mut. Er denkt an das Fehlende und nicht an das, was er bekommen soll. Jesus will ihn nicht ärmer machen, sondern nur noch reicher. Gott will uns seinen besten Schatz anvertrauen, seine ganze, ewige Liebe. Sie zu empfangen, brauchen wir freie Hände und Herzen.

Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach! Er aber wurde unmutig über das Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter.
Markus 10,21f




Axel Kühner "Eine gute Minute, 365 Impulse zum Leben"

© 1994 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 11. Auflage

2015

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages

Quelle: www.miriam-stiftung.de