Gedanken für den 03.03.2022

Gabe des Schweigens

Es gibt die Sprache mit Worten und mit Händen. Es gibt die Sprache der Augen und des Körpers. Und es gibt die Sprache des Schweigens. Der alte Abt eines Klosters fühlt nach einem langen und mühevollen Leben, dass es wohl bald mit ihm zum Ende kommt. Da möchte er noch einmal seinen besten Freund besuchen, um von ihm Abschied zu nehmen. Ein junger Mönch begleitet ihn auf der langen und schwierigen Wanderung in das Bergkloster. Dort fallen sich die beiden alten Freunde in die Arme und freuen sich am Wiedersehen. Nun setzen sie sich nieder und blicken sich schweigend an. Nach einigen Stunden erhebt sich der Abt, nimmt den Arm des jungen Mönchs und macht sich mit ihm auf den Heimweg. "Warum habt ihr nicht miteinander gesprochen?", fragt der junge Mönch. Und der Alte antwortet ihm: "Reden kann ich mit jedem Menschen auf der Welt, aber zum Schweigen braucht man einen wirklichen Freund!" In den Stunden des Schweigens hatten die beiden Männer mehr an Gemeinschaft und Teilhabe erfahren als im Reden. Denn in der Stille redet das Herz, und in der Stille redet Gott zu uns und wir mit ihm.

Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen!
Jesaja 30,15




Axel Kühner "Eine gute Minute, 365 Impulse zum Leben"

© 1994 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 11. Auflage

2015

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages

Quelle: www.miriam-stiftung.de