Gedanken für den 12.06.2021
Die Zeit heilt keine Wunden
Ein Mann hatte die schweren Kriegsjahre und die noch härteren Jahre der russischen Gefangenschaft glücklich überstanden. Voller Freude baute er sein Leben auf. Die Freiheit, die Anfänge des bescheidenen Wohlstands halfen ihm, die schrecklichen Erfahrungen der fast sieben Jahre Krieg und Gefangenschaft zu verarbeiten. Ein schönes Haus, eine gute Arbeit, dann eine intakte Familie halfen ihm, sein Leben wieder ohne die dunklen Erinnerungen und nächtlichen Träume zu genießen. Doch nach über vierzig Jahren wurde eine Last immer größer und eine Wunde immer schmerzlicher. Er hatte im Gefangenenlager, um überleben zu können, den Schwächeren die mageren Essensrationen weggenommen. Sie waren zu schwach, um sich dagegen wehren zu können, und er wollte, wenn die anderen ohnehin sterben würden, mit ihren Rationen überleben. Immer wieder hatte er gemeint, die Zeit würde diese Wunde heilen. Aber als er älter wurde, stand seine Schuld immer deutlicher vor seiner Seele und seine Last wurde immer unerträglicher. So kam er zur Beichte und brachte aus der Verborgenheit seines Herzens die Sünde in das Licht des Kreuzes Jesu. Dort hat er sie abgelegt und um Vergebung gebeten. Jesus hat ihm vergeben und die Schuld mit seinem Blut gesühnt. So wurde er frei und erleichtert. Wieder einmal musste er erkennen: wenn man die Sünde seines Lebens verbirgt und der Zeit überlässt, macht sie uns krank und kaputt. Wenn wir sie aber offenbaren und Gott die Wunden heilen lassen, werden wir wirklich heil.
Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen!
Jeremia 17,14
Axel Kühner "Zuversicht für jeden Tag"
© 2002 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 7. Auflage
2017
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de