Gedanken für den 28.05.2021
Der Künstler
"Eines Abends erwachte in seiner Seele der Wunsch, ein Bild zu formen, das die Wonne des Augenblicks darstellen sollte. Und er ging hinaus in die Welt, um Bronze zu suchen, denn nur in Bronze konnte er denken. Aber verschwunden war alle Bronze der ganzen Welt. In der ganzen Welt war nirgends Bronze zu finden, mit Ausnahme der bronzenen Figur des Ewigen Leides.
Und diese Figur hatte er selbst geformt, mit seinen eigenen Händen gebildet, und er hatte sie gesetzt auf ein Grab, und unter diesem Grabe lag alles, was er geliebt hatte im Leben. Auf das Grab dessen, was er am meisten geliebt hatte im Leben, hatte er gesetzt dies Werk seiner Kunst, damit es zeuge für die Liebe des Mannes, die nie stirbt und ein Symbol sei des Leides, das ewiglich dauert. Und keine andere Bronze gab es in der ganzen Welt als die Bronze dieser Figur.
Und er nahm die Figur, die er geschaffen hatte, und tat sie in den Schmelzofen und übergab sie dem Feuer. Und aus dem bronzenen Bild des Leides, das ewig währt, formte er das Bild der Wonne, die im Augenblick vergeht." (Oscar Wilde)
Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen, du hast mir den Sack der Trauer ausgezogen und mich mit Freude gegürtet, dass ich dir lobsinge und nicht stille werde. Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit!
Psalm 30,12f
Axel Kühner "Zuversicht für jeden Tag"
© 2002 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 7. Auflage
2017
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de