Gedanken für den 29.02.2021

Guter Rat ist nicht teuer

1799 schreibt Matthias Claudius an seinen Sohn unter der Überschrift "Gold und Silber habe ich nicht; was ich aber habe, gebe ich dir!" einen bewegenden Brief.
"Lieber Johannes! Es ist nicht alles Gold, lieber Sohn, was glänzt, und ich habe manchen Stern vom Himmel fallen und manchen Stab, auf den man sich verließ, brechen sehen. Es ist nicht groß, was nicht gut ist; und es ist nichts wahr, was nicht besteht. Halte dich zu gut, Böses zu tun. Hänge dein Herz an kein vergänglich Ding. Die Wahrheit richtet sich nicht nach uns, lieber Sohn, sondern wir müssen uns nach ihr richten.
Was du sehen kannst, das siehe, und brauche deine Augen, und über das Unsichtbare und Ewige halte dich an Gottes Wort. Bleibe der Religion deiner Väter getreu und hasse die theologischen Kannengießer.
Lerne gerne von anderen, und wo von Weisheit, Menschenglück, Licht, Freiheit, Tugend geredet wird, da höre fleißig zu. Doch traue nicht flugs und allerdings, denn die Wolken haben nicht alle Wasser ... Worte sind nur Worte, und wo sie so gar leicht und behände dahinfahren, da sei auf deiner Hut, denn die Pferde, die den Wagen mit Gütern hinter sich haben, gehen langsameren Schrittes.
Nimm dich der Wahrheit an, wenn du kannst, und lass dich gerne ihretwegen hassen; doch wisse, dass deine Sache nicht die Sache der Wahrheit ist, und hüte, dass sie nicht ineinander fließen, sonst hast du deinen Lohn dahin. Nicht die frömmelnden, aber die frommen Menschen achte und gehe ihnen nach. Ein Mensch, der wahre Gottesfurcht in seinem Herzen hat, ist wie die Sonne, die da scheint und wärmt, wenn sie auch nicht redet. Tue, was des Lohnes wert ist, und begehre keinen!"

Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!
Offenbarung 3,11




Axel Kühner "Zuversicht für jeden Tag"
© 2002 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 7. Auflage
2017
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Quelle: www.miriam-stiftung.de